Wo bewegen wir uns als Adventisten – zwischen der „Church-Potato“-Mentalität und einem modernen Pharisäertum? Zwischen billiger Gnade und einer Heiligkeitsolympiade? Diese Fragen standen im Mittelpunkt des Denkraums, einem Format, das sich in Österreich bereits bewährt hat und nun in der DSV zum zweiten Mal durchgeführt wurde.
Der Denkraum schafft einen Ort für junge Menschen, um ehrlich, offen und respektvoll über Themen zu diskutieren, die sie bewegen. Ziel ist es, durch kreative und vielfältige Austauschformate sowie Bibelstudium zum selbstständigen Denken und Glauben anzuregen. Kein starres Predigen, sondern ein lebendiger Dialog. Und genau deshalb heissen die Sprecher hier auch Denkpartner.
Glauben und Denken – Eine Einheit
Viel zu oft entkoppeln wir Verstand und Glaube. Doch wie umfassend unser Glaube sein sollte, bringt Jesus in Lukas 10,27 treffend auf den Punkt:
„Du sollst den Herrn, deinen Gott, lieben aus deinem ganzen Herzen und mit deiner ganzen Seele und mit deiner ganzen Kraft und mit deinem ganzen Verstand und deinen Nächsten wie dich selbst.“
Glaube ist nicht nur ein vages Gefühl, keine moralische Checkliste und auch keine Lückenfüller-Theologie für Unerklärliches. Glaube umfasst Herz, Seele, Kraft und Verstand. Das fordert uns heraus, den Glauben nicht nur emotional, sondern auch intellektuell zu begreifen – und das Denken nicht vom Glauben zu trennen.
Erlösung – Geschenkt, gekauft oder erkauft?
Wie funktioniert Erlösung? Eine einfache Antwort gibt es nicht. Der Denkraum bietet keine fertigen Lösungen, sondern regt zum Nachdenken an. Zwei Testimonials der Teilnehmenden zeigen, was dieser intensive Tag voller Reflexion, Diskussion und Bibelstudium bei fabelhaftem italienischem Essen bewirken kann:
- Noah über Befreiung von Ängsten: „Wer kennt die Ängste, vor der Taufe noch etwas erfüllen zu müssen?“ Genau diese Ängste durfte ich im Denkraum liegen lassen und werde sie sicherlich nicht wieder mit nach Hause nehmen. Ich bin mir seit heute sicher, dass ich wirklich erlöst bin. :)“
- Ein neuer Fokus auf Jesus„Ich kam ohne grosse Erwartungen – okay, ich habe mich auf das Essen und die Menschen gefreut. Diese Erwartungen wurden übertroffen, aber ich habe auch etwas Unerwartetes mitgenommen. Ein Gedanke, der so simpel ist und doch so mächtig:
Wende deinen Blick weg von der Sünde, die dir zu schaffen macht, und schaue mehr auf Jesus. Bildlich gesprochen: Stellen wir uns einen Zahlenstrahl vor. Links vom Nullpunkt liegt das Minus, rechts das Plus. Wenn ich mich auf die Sünde fokussiere, bleibe ich immer im Minusbereich. Aber wenn ich meinen Blick auf Jesus richte, bewege ich mich ins Plus. Das, worauf wir schauen, prägt uns. Also sollten wir nicht unsere Zeit verschwenden, auf das Minus zu blicken, sondern unsere Gedanken mit Jesus füllen. Und das Essen hat uns übrigens auch brutal gefüllt. ;)“
Ein Raum für echte Denkkultur
Der Denkraum lebt von der Idee, dass Glaube und Denken Hand in Hand gehen. Die Denkpartner – diesmal Noah Imhof und Martin Pröbstle – stehen für einen Dialog, der tief geht. Kein unidirektionales Vermitteln von Inhalten, sondern ein gegenseitiges Lernen und Nachdenken in einer Kultur des offenen Austauschs.
Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer verliessen diesen Tag nicht nur mit vollen Mägen, sondern auch mit erfüllten Herzen und Köpfen. Denn am Ende ging es darum, intelligent zu glauben und gläubig zu denken – eine Herausforderung, die wir als Adventisten nur gewinnen können.
Fazit: Der Denkraum ist nicht nur ein Ort des Austauschs, sondern eine Einladung, Glauben und Verstand neu zu verknüpfen. Es ist ein Raum, der zeigt, dass wir durch Dialog, Reflexion und Bibelstudium unserem Glauben Tiefe und unserem Leben Orientierung geben können. Und das Beste? Die Reise beginnt erst.
Hannes Weisse
Pastor Bezirk Basel